Liebe Freunde des Bexbacher Schubertchores,
wenn wir der aktuellen Situation etwas Gutes abgewinnen wollen, ist es die Erkenntnis, wie sehr uns allen die Gemeinsamkeit fehlt. Das gemeinsame Proben, das gemeinsame Aufführen, der Ausstausch mit unserem Publikum.
Wir als Bexbacher Schubert-Chor möchten Ihnen in der Vorweihnachtszeit einen kleinen Trost für unser nicht durchführbares vorweihnachtliches Konzert spenden und bis Weihnachten jede Woche hier eines unserer stimmungsvollen Lieder zur Weihnacht einstellen.
Viel Vergnügen!
Unser letztes Adventslied ist wiederum sehr alt und lässt sich ins Jahr 1622 zurückverfolgen, vermutlich von dem zuletzt in Trier wirkenden Jesuiten Friedrich von Spee, dem großen Kämpfer gegen den Hexenwahn, verfasst. Es nimmt motivisch eine Stelle aus Jesaja auf: „Tauet, ihr Himmel, von oben, und die Wolken mögen den Gerechten regnen: es öffne sich die Erde, und sie sprieße den Heiland“. Die vorgetragene zeitgenössische Fassung stammt aus der Feder unseres Chorleiters P.O. Krick.
Mitten in den Schrecken des Dreißigjährigen Krieges entstanden, beschreibt Spee sein Lied jedoch ohne konkrete Zeitbezüge als „wie hefftig die Heylige Patriarchen vnnd Propheten nach Christo verlangt: was Jsaias dauon pro[p]heceyet: was im alten Testament durch Figuren dauon vorgebildt: vnn was den Heyden vil 100. Jahr zuuor dauon offenbaret worden“, oder kurz als „Säufftzen der Altvätter in der Vorhöll“.
Der bekannte Journalist Heribert Prantl überrascht uns in der Ausgabe der Süddeutschen Zeitung zu Weihnachten 2016 mit einer sozialpsychologischen Deutung des Textes:
„Das Lied ist kein Klingeling. Es ist der bittere Ruf nach Gerechtigkeit; es ist die Klage darüber, dass Weihnachten nicht kommt, obwohl es im Kalender steht. Die Klage legt die Enttäuschung frei und bricht der Sehnsucht Bahn. Sie ist der Versuch, sich zu wehren gegen kollektiven Wahn. Spee flieht nicht, auch nicht in simple Antworten. Er konnte den Terror nicht stoppen; aber er konnte tun, was ein Einzelner tun kann: ihn anklagen. Das hat er getan: Er hat es nicht bei Forderungen an den himmlischen Heiland belassen; er wurde zum Widerständler, zum Whistleblower des 17. Jahrhunderts. Sein Trostschrei-Lied ist an Weihnachten 2016 so erschütternd wahr wie 1622.“
Sinnen wir über die Bedeutung des Liedes für uns „in tempore coronae“ nach und freuen uns schon auf das Weihnachtslied aller Weihnachtslieder des Bexbacher Schubert-Chores zu Heilig Abend.